Betriebsgefahr
BGH
06.05.1997
AZ: VI ZR 150/96
Kommt es an einer Kreuzung, bei welcher der Abbiegevorgang nach links durch eine mit einem „Grünpfeil“ versehene Lichtsignalanlage geregelt ist, zu einem Zusammenstoß zwischen dem Linksabbieger und einem in Gegenrichtung geradeaus fahrenden Fahrzeug, so darf im Rahmen der Haftungsverteilung nach § 17 StVG vom Linksabbieger nicht der Nachweis verlangt werden, dass und in welchem Umfang er Sorgfaltspflichten aus § 9 I und III StVO nachgekommen ist.
Aus den Gründen: (…Die Revision rügt darüber hinaus zu Recht, dass das Berufungsgericht den vom Kläger zur Feststellung eines schuldhaft verkehrswidrigen Verhaltens des Beklagten angebotenen Beweis nicht erhoben hat.
Das Berufungsgericht durfte nicht auf die Erhebung des Sachverständigengutachtens verzichten, das für den Nachweis der entscheidungserheblichen, detailliert vorgebrachten Behauptungen des Klägers durchaus geeignet war…).
BGH
13.02.1996
AZ: VI ZR 126/95
1.) Kommt es in einer ampelgeregelten und mit einem grünen Pfeil versehenen Kreuzung zu einem Zusammenstoß zwischen einem Linksabbieger und einem entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer, so muss der die Kreuzung geradeaus durchfahrende Verkehrsteilnehmer, wenn er daraus für ihn günstige Rechtsfolgen herleiten will, beweisen, dass der grüne Pfeil für den Linksabbieger nicht aufgeleuchtet hat.
Der Beweis des ersten Anscheins spricht in einem solchen Fall nicht für ein Verschulden des Linksabbiegers.
2.) Bleibt ungeklärt, ob der grüne Pfeil das Linksabbiegen freigab, so kann der Geradeausfahrende von dem Unfallgegner bei gleicher Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge nur die Hälfte seines Schadens ersetzt verlangen.
BGH
17.03.1992
AZ: VI ZR 62/91
Bei Überschreiten der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf der Autobahn kann sich ein Fahrer, der in einen Unfall verwickelt wird, nicht auf Unabwendbarkeit i.S.d. § 7 II StVG berufen, wenn er auf Ersatz des Unfallschadens in Anspruch genommen wird, es sei denn, er kann beweisen, dass es auch bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit zu einem vergleichbaren Unfall mit ähnlichen Folgen gekommen wäre.
Aus den Gründen: (…Die Ansicht, ein solcher Unfall wäre ein „unabwendbares Ereignis“ i.S.d. § 7 II StVG, trägt der Bedeutung der Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung nicht genügend Rechnung.
Diese Verordnung beschränkt sich zwar nur auf die Empfehlung, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h zu fahren, und ist somit keine sanktionsbewehrte Vorschrift wie z.B. § 3 StVO.
Dies bedeutet aber noch keine rechtliche Haftungsfreistellung…).
OLG SAARBRÜCKEN
15.03.2005
AZ: 4 U 102/04-17/05
Kommt es innerhalb einer geschlossenen Ortschaft zu einem Zusammenstoss zwischen einem mit nur leicht überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Motorrad und einem auf der Strasse wendenden Kfz, so trägt der Fahrer des Kfz die überwiegende Haftung (hier: 75%) für die entstandenen Schäden.
Dies gilt auch unter Beachtung der geringeren Stabilität eines Motorrades gegenüber dem Pkw.
Aus den Gründen: (….Es mag gerechtfertigt erscheinen, in der Instabilität eines Motorrads einen die Betriebsgefahr beeinflussenden Faktor zu erblicken.
Jedoch ist die Höhe der Betriebsgefahr nicht abstrakt zu berechnen.
Vielmehr ist die Betriebsgefahr als Faktor bei der Abwägung der Verursacherbeiträge im Rahmen des § 17 Abs.1 S.2 StVG a.F. bezogen auf den konkreten Schadensfall zu beurteilen, da sich die Betriebsgefahr erst im Unfallgeschehen manifestiert.
Die Höhe der Betriebsgefahr kann nicht ohne einen Blick auf das Fahrverhalten des Unfallgegners bestimmt werden…).
KG BERLIN
20.03.2003
AZ: 12 U 199/01
Fährt ein Polizeibeamter im Einsatz ohne Blaulicht und Martinshorn auf einer Vorfahrtsstrasse zu schnell und kommt es zu einem Zusammenstoss mit einem wartepflichtigen Fahrzeug, haftet alleine der Wartepflichtige.
Aus den Gründen: (…Nach § 35 I StVO sind Sonderrechtsfahrzeuge, also auch Polizeimotorräder, von den Vorschriften der StVO befreit, „soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist“.
Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn das Sonderrechtsfahrzeug weder Horn noch Blaulicht führt, oder diese zwar vorhanden sind, aber nicht betätigt werden.
Dem Fahrer des Polizeifahrzeugs kann auch nicht das Unterlassen von akustischen Warnsignalen haftungsbegründend vorgeworfen werden, denn er hatte keinen Anlass, mit einem plötzlichen sorgfaltswidrigen Anfahren des Klägers zu rechnen.
Da das Polizeifahrzeug mit der Einsatzfahrt eine dringende öffentliche Aufgabe erfüllt hat, liegt keine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor…).
OLG KOBLENZ
25.11.2002
AZ: 12 U 1429/01
Unabhängig von der Bedeutung der zusammentreffenden Verkehrswege ist derjenige Kraftfahrzeugfahrer, der einen abgeflachten Gehweg überqueren muss wartepflichtig und muss aus diesem Grund beim Einfahren in den querenden Verkehrsweg besondere Vorsicht walten lassen.
§ 8 I S.1 StVO findet insoweit keine Anwendung.
OLG MÜNCHEN
06.04.2001
AZ: 10 U 3661/00
Ein Unfallbeteiligter haftet nicht, auch nicht für die Betriebsgefahr seines Kfz, wenn der Unfall durch einen groben Verkehrsverstoß des Unfallgegners verursacht worden ist.
Aus den Gründen: (…Der Unfallgegner hat gegen § 25 Abs.3 StVO verstoßen und die Fahrbahn an einer Stelle überquert, die durch einen bepflanzten Mittelstreifen und eine Leitplanke so von der Gegenfahrbahn abgegrenzt war, dass grundsätzlich mit querenden Fußgängern hier nicht zu rechnen war.
Dies umsoweniger, als in etwa 50 Metern Entfernung ein ampelgesicherter Fußgängerüberweg zur Verfügung steht.
Wenn der Unfallgegner gleichwohl an dieser Stelle die Fahrbahn überqueren wollte, hätte er die größtmögliche Sorgfalt beachten müssen.
Spätestens beim Heraustreten aus der Reihe der haltenden Fahrzeuge hätte er auf das herannahende Kfz des Unfallbeteiligten reagieren und stehen bleiben müssen.
Für den Unfallgegner wäre der Unfall ohne jede Schwierigkeit vermeidbar gewesen…).
OLG BREMEN
22.12.2000
AZ: 3 U 190/98
Die Kollision zwischen Pkw und Motorradfahrer beim Durchfahren einer Kurve.
Aus den Gründen: (…Die Haftung des beklagten Motorradfahrers ist nicht gemäß § 7 II StVG ausgeschlossen, denn er hat den ihm obliegenden Beweis, dass der Unfall für ihn unabwendbar war, nicht geführt.
Wesentliche Einzelheiten des Unfallgeschehens sind ungeklärt geblieben und werden auch nicht weiter aufgeklärt werden können.
Insbesondere kann die genaue Kollisionsstelle nicht ermittelt werden.
Wie die Anhörung des Sachverständigen im Termin ergeben hat, fehlen wesentliche Grundlagen für hinreichend sichere Feststellungen.
Bei der nach § 17 StVG vorzunehmenden Schadensteilung war auf Seiten beider Parteien lediglich die Betriebsgefahr der Fahrzeuge zu berücksichtigen, da bei keinem der beiden Unfallbeteiligten angesichts der verbliebenen Unklarheiten ein schuldhafter Verkehrsverstoß festgestellt werden konnte…).
OLG NÜRNBERG
24.08.2000
AZ: 8 U 682/00
Das Vorbeifahren an einer geöffneten linken Autotür mit einem Abstand von 10 cm, in der eine ins Fahrzeuginnere sich beugende Person steht, ist zu gering, da vorherzusehen und zu berücksichtigen ist, dass eine geringfügige Bewegung dieser Person die Tür weiter öffnen musste.
In einer derartigen Lage ist vom vorbeifahrenden Fahrer zu fordern, dass er entweder ausreichend Abstand einhält oder, sofern dies wegen der durch abgestellte Fahrzeuge verengte Fahrbahn nicht möglich ist, sein Fahrzeug anhält und durch Verständigung mit der in der geöffneten Türe stehenden Person sicherstellt, dass er ohne Berührung den abgestellten Pkw passieren kann.
Das unbedachte und riskante Verhalten des Vorbeifahrenden führt zu dessen alleiniger Haftung.
OLG SCHLESWIG
15.06.2000
AZ: 7 U 152/98
Handelt ein Verkehrsteilnehmer in einer unvorhersehbaren Gefahrensituation nicht sachgemäß, da er keine Zeit zu ruhiger Überlegung hatte, dann begründet dies keinen Schuldvorwurf, wenn er die Situation nicht zu vertreten hatte.
Eine Haftung aus Betriebsgefahr nach § 7 Abs.1 StVG entfällt, wenn die zu Lasten des Unfallverursacherers zu berücksichtigenden Umstände überwiegen.
Aus den Gründen: (…Aus den Gesamtumständen folgt, dass die Klägerin gegenüber dem für sie sichtbaren Beklagten wartepflichtig war.
Sie trifft nach § 8 Abs.2 S.2 StVO die Pflicht, den Vorfahrtsberechtigten weder zu gefährden noch wesentlich zu behindern.
Geht man zugunsten der Klägerin aufgrund der Berechnung des Sachverständigen davon aus, dass der Verkehrsunfall ohne weiteres verhindert worden wäre, wenn der Beklagte nicht ein starkes Bremsmanöver eingeleitet und die Fahrspur gewechselt hätte, ergibt sich dennoch keine schuldhafte Verkehrsverletzung des Beklagten…).
OLG HAMM
21.05.1999
AZ: 9 U 246/98
Bei einem Zusammenstoß auf einer Kreuzung zwischen einem geradeaus fahrenden Fahrzeug und einem links abbiegenden Fahrzeug ist der Schaden je zur Hälfte aufzuteilen, wenn sich der Linksabbieger auf einen Grünpfeil beruft und die Ampelstellung nicht aufgeklärt werden kann.
Aus den Gründen: (…Insbesondere lässt sich nicht ausschließen, dass das Vorbringen des geradeaus fahrenden Klägers zutrifft, wonach der Beklagte links abbog, obwohl der Gegenverkehr Grünlicht hatte und deshalb bevorrechtigt war.
Lässt sich die Ampelschaltung bei einer Unfallkonstellation, wie sie hier vorliegt, nicht feststellen, ist die allgemeine Betriebsgefahr des Linksabbiegers nicht höher zu bewerten als die des geradeaus fahrenden, entgegenkommenden Fahrzeugs..).
OLG HAMM
24.02.1999
AZ: 13 U 183/98
Die Betriebsgefahr eines Pkw wird durch die Vornahme eines gefährlichen Fahrstreifenwechsels auf der Autobahn deutlicher erhöht als durch die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um 20 km/h.
Es ist hier nach Abwägung der Betriebsgefahren eine Haftungsquote von 3/4 zu 1/4 zu Lasten des Fahrers, der den Fahrstreifen gewechselt hat, gerechtfertigt.
Aus den Gründen: (…Es ist weder ein Verschulden der Klägerin oder der Beklagten zu 2) feststellbar, noch hat eine der beiden Fahrerinnen bewiesen, dass der Unfall für sie selbst unabwendbar war.
Bei der Haftungsquote hat der Senat berücksichtigt, dass keiner Partei ein Verschulden nachzuweisen ist und dass ein grundsätzlich gefährlicher Fahrstreifenwechsel die Betriebsgefahr wesentlicher erhöht als eine geringfügige Überschreitung der Richtgeschwindigkeit…).
LG REGENSBURG
28.10.2004
AZ: 1 O 1708/04
Aus dem Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 kann nicht hergeleitet werden, dass ein Kraftfahrer bei einem Verkehrsunfall mit einem älteren Radfahrer stets (zumindest) für die Betriebsgefahr seines Kraftfahrzeuges einzustehen hat, sofern der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist.
Aus den Gründen: (…Eine durch das Alter des Beklagten erhöhte Gefahr war für die Klägerin in der streitgegenständlichen Situation nicht ersichtlich.
Die Klägerin musste aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht mit einem Einfahren des Beklagten in die Fahrbahn rechnen.
Dies bedarf keiner näheren Erörterung, sollte der Beklagte bei Rotlicht in die Fussgängerfurt eingefahren sein.
Nichts anderes gilt aber, wenn der Beklagte kurz nach der Fussgängerfurt über den abgesenkten Bordstein in die Fahrbahn einfuhr.
Ein völlig unvernünftiges Verhalten des Beklagten musste die Klägerin in ihre Überlegungen nicht mit einbeziehen…).
LG LANDAU
21.11.2002
AZ: 1 S 248/02
Greifen Kinder durch unerlaubte Handlungen äusserst schwer in die Sicherheit des Strassenverkehrs ein, kann eine zugleich gegebene erhöhte Betriebsgefahr eines Fahrzeugs bei der Abwägung des § 254 BGB ganz zurücktreten.
LG HANNOVER
14.12.1998
AZ: 20 S 93/98
Bei einer gut einsichtigen Kreuzung muss davon ausgegangen werden, dass ein Idealfahrer trotz des bestehenden Vorfahrtsrechts den Unfall hätte vermeiden können.
Diesem Kraftfahrer wird aber eine Betriebsgefahr von 20% zugerechnet.
Aus den Gründen: (…Der Unfall ist durch überwiegendes Verschulden des Klägers zustandegekommen, da die Fahrerin des Klägers zu schnell gefahren ist.
Zudem fällt ihr ein Vorfahrtsverstoß zur Last, den sich der Kläger zurechnen lassen muss.
Auf Beklagtenseite steht gegenüber diesem Verschulden lediglich die Betriebsgefahr, die mit 20% auf den Gesamtschaden anzurechnen ist.
Die Betriebsgefahr tritt damit nicht hinter dem Verschulden des Klägers zurück.
Bei der geringen Geschwindigkeit und der übersichtlichen Örtlichkeit wäre es der Beklagten möglich gewesen die Kollision zu vermeiden…).
AG BOTTROP
07.01.2004
8 C 308/03
Kann nach einer Kollision von 2 Pkw an einer Kreuzung nicht aufgeklärt werden, welches der Fahrzeuge bei Rot in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, ergibt sich bei Bestimmung der Betriebsgefahr eine Haftung von jeweils 50 %.
Aus den Gründen: (…Der Unfall war auch nicht unabwendbar für die Parteien im Sinne von § 17 Abs.3 StVG.
Im Rahmen der Abwägung der Betriebsgefahr der am Unfall beteiligten Fahrzeuge nach § 17 Abs.1 StVG ergibt sich eine gleichrangige Haftung aus dem Umstand, dass es sich bei den Fahrzeugen um Pkw handelt, von denen im Regelfall eine gleichrangige Betriebsgefahr ausgeht.
AG KAISERSLAUTERN
08.05.2003
AZ: 8 C 379/03
1.) Bei einem nicht mehr aufklärbaren Unfall auf einem öffentlichen Parkplatz haften die Beteiligten je zur Hälfte.
2.) Zum Auswahlverschulden bei der Gutachterbeauftragung.
Aus den Gründen: (…Soweit sich der Kläger auf § 14 I StVO beruft, kommt ihm ein Anscheinsbeweis nicht zugute, da die Vorschrift den fliessenden Verkehr bei Ein- und Aussteigen am Fahrbahnrand geparkter Fahrzeuge schützt.
Dem Beklagten kann kein Anscheinsbeweis wegen Verstosses gemäss § 9 V StVO zugute kommen, da die gegenseitigen Pflichten auf öffentlichen Parkplätzen einander angenähert sind.
Danach ergibt die Abwägung der beiderseitigen Betriebsgefahr, da das Unfallgeschehen nicht mehr aufklärbar ist, eine Haftungsquote von jeweils 50%.
Die Beklagten machen zu Unrecht ein Auswahlverschulden des Klägers hinsichtlich des Sachverständigen und die Unbrauchbarkeit des Privatgutachtens geltend, da eine eklatante Abweichung der ermittelten Werte des Sachverständigen nicht vorliegt und auch nicht erkennbar war…).
AG HEIDELBERG
10.03.2003
AZ: 20 C 431/00
Verhält sich ein Vorfahrtsberechtigter bei einem Unfall in einem Kreuzungsbereich nicht entsprechend einem „Idealfahrer“ kann zu seinen Lasten eine Haftungsquote von 20% aus der bestehenden Kfz- Betriebsgefahr anzunehmen sein.
Aus den Gründen: (…Die Klägerin hatte die Vorfahrt.
Der Sachverständige hat aber nachvollziehbar ausgeführt, dass der Unfall für die Klägerin vermeidbar gewesen wäre, wenn sie vor der Einfahrt in die Kreuzung auch einmal oder etwas früher nach links geschaut hätte.
Da sie dies entweder nicht oder jedenfalls zu spät getan hat, sich also nicht so verhalten hat, wie dies von einem „perfekten Verkehrsteilnehmer“ zu erwarten gewesen wäre, hat sie die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs selbst zu tragen.
Bei der Abwägung der Verschuldensanteile muss dann aber berücksichtigt werden, dass der Beklagte, obwohl er die Klägerin wahrgenommen hat, versucht hat, die Kreuzung noch vor dieser zu überqueren.
Eine Haftungsverteilung von 20 : 80 ist daher angemessen…).
AG KARLSRUHE
04.03.2003
AZ: 3 C 56/02
Wird ein Fahrzeug, das in zweiter Reihe geparkt ist, beim Vorbeifahren beschädigt, haftet allein der Schädiger.
Aus den Gründen: (…Die Beklagte hat den gesamten, dem Kläger unfallbedingt entstandenen Schaden zu ersetzen.
Eine Mithaftung des Klägers unter dem Gesichtspunkt von Mitverschulden oder Betriebsgefahr scheidet aus.
Zwar hat der Kläger verbotener Weise verkehrsbehindernd geparkt.
Dies berechtigt jedoch keineswegs andere Verkehrsteilnehmer, dieses Fahrzeug zu beschädigen.
Die Beklagte war vielmehr verpflichtet, ggf. mit mehrmaligem Rangieren vorsichtig am klägerischen Fahrzeug vorbeizufahren.
Wenn sie hierzu nicht imstande war, hat sie den Unfall allein verschuldet.
Sinn und Zweck des Verbotes des Parkens in zweiter Reihe ist es den Verkehr am Fließen zu halten.
Dies ist der Schutzzweck der Norm.
Diese berechtigt jedoch nicht, das verkehrswidrig geparkte Fahrzeug zu beschädigen.
Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigungsgebühr steht dem Kläger jedoch nicht zu…).
AG MÜNCHEN
27.02.2003
AZ: 342 C 7500/02
Beschädigt jemand beim Ausparken ein fremdes Kfz, so trägt der Geschädigte einen erheblichen Mitverschuldensanteil, wenn er den Ausparkenden vorsätzlich zugeparkt hat.
Aus den Gründen: (…Der Kläger einerseits und der Zeuge andererseits haben das Beklagtenfahrzeug so eingekeilt, dass dem Beklagten kaum noch Raum zum Rangieren verblieb.
Dieses Verhalten stellt eine mittäterschaftlich begangene Nötigung dar.
Zwar hätte der Beklagte vor Beginn des Ausparkens den Versuch unternehmen müssen, die Beteiligten zu einer Vergrösserung des Abstandes zu veranlassen.
Da er dies unterlassen und beim Versuch des Ausparkens das Klägerfahrzeug beschädigt hat, hat er fahrlässig gehandelt.
Andererseits liegt ein erhebliches Mitverschulden des Klägers vor, weshalb er auch für die Betriebsgefahr zu haften hat.
Es kommt infolgedessen zu einer Abwägung der gegenseitigen Verursachungsanteile gem. § 254 BGB.
Das Gericht hält eine Haftungsverteilung im Verhältnis 1:3 zu Lasten des Klägers für gerechtfertigt…).
AG MEPPEN
04.02.2003
AZ: 18 C 1417/02
Hat ein Fahrer im Kreuzungsbereich mit drei Strassen die Vorfahrt zu gewähren, so muss er, nachdem er sich vergewissert hat, ob von zwei der drei Strassen Verkehr zu erwarten ist, wegen des Zeitablaufs vor Anfahrt noch mal die erste Strasse überprüfen, da sich dort die Verkehrsverhältnisse bereits wieder geändert haben können.
Aus den Gründen: (…Das Gericht glaubt auch, dass die Beklagte den Kläger nicht gesehen hat.
Denn dieser hatte, wie er selber angegeben hat, in der ersten Vorfahrtsstrasse nur eine Wegstrecke von ca. 120 bis 130 Metern zurückzulegen.
Als die Beklagte in diese schaute, dann in die zweite vorfahrtsberechtigte Strasse und dann zum Schluss geradeaus in die dritte der Vorfahrtsstrassen, war durch den Zeitablauf, der seit ihrem letzten Blick in die erste Vorfahrtsstrasse verstrichen war, bereits soviel Zeit verstrichen, dass der Kläger die Möglichkeit hatte, in langsamer Fahrt die ca. 120 bis 130 Meter in der ersten Strasse zurückzulegen…).
AG DIPPOLDISWALDE
22.01.2003
AZ: 3 C 0620/02
Kommt es zu einer Kollision bei einem wegen Verengung der Fahrbahn durch parkende Fahrzeuge gem. § 7 IV StVG durchzuführenden Reissverschlussverfahren, haftet derjenige, der den die Kollision bedingenden Fahrstreifenwechsel vorgenommen hat, zu 75% für die unfallbedingten Schäden.
Aus den Gründen: (…Das Gericht geht von einem Mitverschulden des Klägers von 1/4 und des Beklagten zu 3/4 am Verkehrsunfall aus.
Nach Auffassung des Gerichts ist unerheblich, wie lange sich der Kläger bereits mit seinem Fahrzeug auf der linken Fahrspur befunden hat.
Unstreitig hat der Beklagte vor dem Kläger einen Fahrstreifenwechsel vorgenommen, wobei es zur Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen kam.
Den Beklagten trifft hierbei das überwiegende Verschulden am Verkehrsunfall.
Beim Vorliegen einer solchen Fahrbahnverengung ist jedoch das Reissverschlussverfahren gemäss § 7 IV StVO durchzuführen.
Dabei haben die Verkehrsteilnehmer, die den durchgehenden Fahrstreifen befahren, weiterhin Vorrang…).
AG SIMMERN
16.05.2001
AZ: 3 C 137/01
Ist der Unfallhergang nicht aufklärbar, so haben sich die Beteiligten, unter Ansatz der jeweiligen Betriebsgefahr, den Unfallschaden hälftig zu teilen.
Aus den Gründen: (…Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme kann sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass der Verkehrsunfall auf die von der Klägerin bzw. auf die von den Beklagten geschilderten Art und Weise zustande gekommen ist.
Die Zeugin hat zwar erklärt, dass sich der Beklagte rechts gehalten habe.
Das Gericht vermag der Aussage der Zeugin keinen größeren Glauben zu schenken als der Einlassung der Klägerin, so dass der genaue Unfallhergang letztendlich unaufgeklärt bleiben muss.
Da auch keine weiteren Anhaltspunkte vorhanden sind, die eine Aufklärung des Unfallhergangs durch Einholung eines Gutachtens ermöglichen würden, ist hinsichtlich beider Unfallbeteiligten die Betriebsgefahr in Ansatz zu bringen, so dass sich die Beteiligten den Unfallschaden hälftig zu teilen haben…).
AG LANDAU I. D. PFALZ
16.05.2001
AZ: 2 C 1982/00
Bei einem ungeklärten Unfallhergang ist eine Haftungsverteilung im Verhältnis 1:1 als angemessen zu betrachten.
Aus den Gründen: (…Die Beweisaufnahme hat nicht dazu geführt, dass der Unfallhergang nunmehr geklärt wäre.
Weder der Vortrag des Klägers noch das Beklagtenvorbringen haben sich, soweit sich die Schilderungen widersprechen, zur Überzeugung des Gerichts bestätigt.
Die gegensätzlichen Sachverhaltsdarstellungen konnten andererseits aber auch nicht widerlegt werden.
Im Hinblick auf den ungeklärten Ablauf des Unfalls hält das Gericht eine Haftungsverteilung im Verhältnis 1:1 für angemessen.
Eine solche Schadensteilung nimmt das Gericht regelmäßig vor, wenn, wie es hier der Fall gewesen ist, bei etwa gleich hoher Betriebsgefahr der in den Unfall verwickelten Fahrzeuge keiner der Beteiligten den Entlastungsbeweis führen kann, andererseits aber auch ein Verschulden eines der Beteiligten nicht feststellbar ist…).
AG HANNOVER
26.04.2001
AZ: 558 C 16560/00
Bei einem Verkehrsunfall kann der Verschuldensgrad eines Kfz-Führers so hoch sein, dass die Haftung eines anderen Unfallbeteiligten wegen Betriebsgefahr vollkommen zurücktritt.
Aus den Gründen: (…Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Zusammenstoß in einem solchen Masse durch die Beklagte mit ihrem Pkw verursacht worden ist, dass die Betriebsgefahr des Pkw des Klägers dahinter zurücktritt, wenn der Unfall nicht ohnehin für den Sohn des Klägers unabwendbar war.
Keiner der teilweise auch von den Beklagten benannten Zeugen hat bekundet, dass es dadurch zum Zusammenstoß gekommen sei, dass die Vorfahrtsberechtigung der Beklagten beachtet hätte.
Nach alledem hat der Kläger bewiesen, dass der Unfall in einem solchen Masse durch die Beklagte verursacht worden ist, dass die Betriebsgefahr seines eigenen Pkw zurücktritt…).
AG NEUSTADT A. D. WEINSTRASSE
29.03.2001
6 C 875/00
Ist ein Unfall darauf zurückzuführen, dass bei einem Überholvorgang der Überholende nach links abgedrängt wird, trifft den abdrängenden Fahrzeugführer die Alleinschuld an dem Unfallgeschehen.
Aus den Gründen: (…Danach habe die Fahrerin des klägerischen Kfz dreimal völlig grundlos abgebremst.
Im Rahmen des dritten Abbremsmanövers habe der Zeuge links am Fahrzeug des Klägers vorbeifahren wollen.
Allerdings habe dann auch die Fahrerin des klägerischen Kfz das Fahrzeug links herübergezogen und den Pkw des Beklagten immer weiter nach links abgedrängt.
Dabei sei es zur Kollision der Fahrzeuge gekommen.
Da sich diese Einschätzung voll inhaltlich mit den glaubhaften Bekundungen des Zeugen deckt, geht das Gericht von einer allein schuldhaften Verursachung des Schadensereignisses durch die Fahrerin des klägerischen Kfz aus.
Weil diese Verursachungsanteile derart überwiegen, kann eine vom Beklagtenfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr nicht gesondert in Ansatz gebracht werden…).
AG OLDENBURG
27.03.2001
AZ: E1 C 1395/00 XVI
Führt der Überholvorgang auf einer Autobahn zu einem Auffahrunfall, weil dem Auffahrenden eine Missachtung der Abstandsvorschrift des § 4 I StVO und dem Überholenden ein Sorgfaltsverstoss gegen die §§ 5 IV, IV a StVO vorzuwerfen ist, ist zu Lasten des Auffahrenden von einer Haftungsquote von 75% auszugehen.
Aus den Gründen: (…Es ist davon auszugehen, dass der Beklagte, dem aufgrund seiner deutlich über 130 km/h liegenden Richtgeschwindigkeit bereits eine gesteigerte Betriebsgefahr zugerechnet werden muss, den Unfall durch einen Verstoß gegen die Abstandsvorschrift des § 4 I StVO verursacht hat.
Daneben trifft auch den Kläger eine Mitverantwortung am Unfallgeschehen.
Nach § 5 IV StVO hatte sich der Kläger beim Überholen so zu verhalten, dass eine Gefährdung des Nachfolgeverkehrs ausgeschlossen war.
Er hatte die äußerste Sorgfalt zu beachten, sodass er frühzeitig Richtungszeichen geben musste (§ 5 IV a StVO) und den rückwärtigen Verkehr zu beobachten hatte…).
AG HAGEN
21.03.2001
AZ: 9 C 544/00
Nach § 7 Abs.5 STVO darf ein Fahrstreifenwechsel nur durchgeführt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Aus den Gründen: (…Aufgrund des schweren Verkehrsverstosses des Klägers ist es nicht gerechtfertigt, die von dem Bus des Beklagten ausgehende Betriebsgefahr als relevant anzusehen.
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Kläger rücksichtslos auf den rechten Fahrstreifen einfädelte.
Damit steht fest, dass der Beklagte durch das plötzliche Fahrmanöver des Klägers zu einem Ausweichen auf die Gegenfahrbahn genötigt war.
Der Verkehrsverstoß des Klägers gegen §§ 7 Abs.5 und 9 Abs.1 STVO ist derart gravierend, dass ein etwaiges Fehlverhalten des Beklagten im Rahmen des vorgenommenen Ausweichmanövers auf jeden Fall zu vernachlässigen wäre.
Insoweit durfte der Beklagte darauf vertrauen, dass der Kläger einen Fahrstreifenwechsel entsprechend § 7 Abs.5 STVO nur durchführen würde, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen wäre…).