Nachbesichtigung Nachbesichtigungsrecht
Bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall (Haftpflichtschaden) hat der Geschädigte das Recht auf Inanspruchnahme eines eigenen Kfz-Sachverständigen zur Beweissicherung und Feststellung der Schadenhöhe sowie auf einen Rechtsanwalt zur Abwicklung der gesamten Schadensangelegenheit.
Die Kosten hierfür müssen von der gegnerischen Versicherung erstattet werden.
Im Rahmen des „Schadensmanagementes“ kommt es inzwischen häufig vor, dass die gegnerische (eintrittspflichtige) Versicherung nach Vorlage eines Gutachtens durch den Geschädigten eine „Nachbesichtigung“ durch einen Sachverständigen der Versicherung durchführen (lassen) möchte.
Die Versicherer teilen bei diesem Verlangen hierbei meist mit, dass sie das „Recht zur Nachbesichtigung“ ausüben wollen.
Hierzu ist festzustellen, dass es seitens des Unfallgegners oder der gegnerischen Versicherung kein Nachbesichtigungsrecht gibt.
Nach geltender Rechtsprechung ist vielmehr genau das Gegenteil der Fall.
Nach Ansicht der Gerichte gibt es kein Recht zur Nachbesichtigung, sofern das Schadensgutachten keine gravierenden Mängel aufweist, die auch für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar sein müssen.
Für den allgemeinen Fall, die Vorlage eines korrekten Gutachtens durch einen eigenen Gutachter, sollte der Geschädigte die Zustimmung zu einer Nachbesichtigung verweigern.
Dies gilt insbesondere bei der fiktiven Abrechnung, also für den Fall, bei dem der Geschädigte sich den Schaden auszahlen lassen möchte.
Warum sollte man so vorgehen?
Ziel der Versicherer ist es, mit der kostenintensiven Beauftragung eines zweiten Sachverständigen, den Schaden im Rahmen einer Nachbesichtigung „herunterzurechnen“.
Also auch Positionen zu streichen, die dem Geschädigten aus rechtlicher Sicht zustehen.
Als Vorwand für eine Nachbesichtigung werden häufig Begriffe wie Unklarheiten beim Unfallhergang, Qualitätssicherung usw. verwendet.
Mit diesen Aussagen will man den Geschädigten zur Zustimmung bewegen, einen versicherungseigenen oder versicherungsnahen Sachverständigen „in´s Spiel“ zu bringen, dessen Tätigkeit natürlich nur gemäß „Arbeitsanweisung“ und im Sinne der Versicherung stattfindet.
Natürlich müssen die Abzüge beim Schaden entsprechend hoch sein, um die Kosten für den zweiten Sachverständigen aufzufangen und zusätzlich soll natürlich noch die Schadensumme deutlich reduziert werden.
Andernfalls wäre die Sache unsinnig und würde sich nicht „lohnen“.
Dies führt, wie man unschwer erkennen kann, zu Verlusten beim Geschädigten, oder, wenn der Geschädigte diese Abzüge nicht hinnehmen will, meist in einen Rechtstreit.
Sollte der Geschädigte einer Nachbesichtigung nicht zustimmen, wird häufig damit gedroht, dass die Versicherung den Schaden nicht regulieren werde.
Spätestens hier zeigt sich, dass eine ordnungsgemäße Schadensabwicklung nach geltendem Recht ohne die Hilfe eines versierten Rechtsanwaltes nicht zum Erfolg führen kann.
Bei Ablehnung der Regulierung durch die Versicherung nach Vorlage eines seriösen Schadensgutachtens gibt es z.B. die Möglichkeit durch ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren das Gutachten gerichtlich bestätigen zu lassen.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, ein direktes Klageverfahren auf Schadenersatz einzuleiten.
In beiden Fällen dient dann das eigene Gutachten zur Durchsetzung der Forderung bei Gericht.
Bei einem Rechtstreit ohne „Nachbesichtigungsgutachten“ der Versicherung stellt sich der Geschädigte in der Regel besser, da dem zuständigen Richter nur ein unabhängiges Gutachten vorliegt und er sich nicht mit heruntergerechneten Pamphleten befassen muss.
Auch einem möglicherweise vom Gericht zusätzlich bestellten Kfz-Sachverständigen wird die Arbeit erleichtert, wenn ihm nur das seriöse Gutachten zu Prüfung vorliegt.
In der Regel kommt es jedoch nicht zu einem Rechtstreit, da die Versicherer die Rechte der Geschädigten sehr genau kennen.
Meist reicht die Klageandrohung des Rechtsanwaltes aus, um die Regulierung zu beschleunigen.
Spätestens jedoch bei Einreichung der Klage wird die Regulierungsgeschwindigkeit der Versicherer bei berechtigten Forderungen dann deutlich vorangetrieben.
Sollte es doch, aus welchen Gründen auch immer, zu einer Nachbesichtigung kommen, ist es ratsam, den eigenen Sachverständigen und den Rechtsanwalt zu diesem Termin hinzuzuziehen.
Die zusätzlichen Kosten für diesen Aufwand müssen vom Schädiger, respektive dessen Haftpflichtversicherung, übernommen werden.